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Arabische Küche: Mischmisch – gebackene Aprikosen mit Honig und Orangenblütenwasser

Vor einiger Zeit bin ich während der Suche nach einem völlig anderen arabischen Aprikosenrezept über das wunderbare Foodblog von Bint Rhoda (arabisch: Rhodas Tochter - eigentlich heißt sie Jessica) gestolpert und las mit zusammenlaufendem Wasser im Mund ihr Rezept für zärtlich in Honig, Butter und Orangenblütenwasser gewälzte und danach zartschmelzend gebackene Aprikosen.

 

Arabische Küche: Rezept für gebackene Aprikosen mit Honigbutter und Orangenblütenwasser

 

Mein Magen und mein Herz flüsterten mir in den nachfolgenden Tagen ständig zu, doch endlich die gebackenen Mischmisch (arabisch: Aprikosen) nachzukochen. Gar nicht so einfach mit Baby, Job und zig anderen Projekten, ein passendes Zeitfenster zu finden, um in Ruhe zu fotografieren und auszuprobieren. Aber letztlich passte es dann doch und ich konnte sogar die liebste, beste Freundin und den Herzmenschen damit beglücken. Wenn ihr gut Englisch könnt, lest euch Bint Rhodas Artikel auch noch durch, darin erklärt sie auch noch ein arabisches Sprichwort à la Sankt Nimmerleinstag - mit Mischmisch als Sprichwortbasis hört es sich allerdings gleich hübscher an.

 

Aprikosen für ein arabisches Dessert

 

Beim Lesen ihrer arabischen Rezepte musste ich oft lachen oder nicken. Schon spannend, obwohl sie nochmal aus einem anderen Kulturkreis kommt (palästinensisch-US-amerikanisch) und ich andere Wurzeln habe (irakisch/kurdisch-deutsch) ist es faszinierend, wie viele Sachen aus der arabischen Küche sich decken oder wo ich ähnliche Erfahrungswerte habe.

 

Sommerblütenhonig aus Bernau bei Berlin

Honig aus der Region Berlin

Bint Rhoda gibt in ihrem Rezept an, dass man zu einem regionalen, flüssigen Honig greifen soll. In der Regel nutzen wir wunderbaren Honig von Imkern aus Fredersdorf bei Berlin, für den ich hier in Friedrichshain eine Quelle habe. Jetzt ist allerdings ein Arbeitskollege des Liebsten seit kurzem unter die Imker gegangen und wir hatten die Gelegenheit etwas von seinem Sommerblütenhonig zu erwerben. Seine fleißigen Damen sammeln übrigens in Bernau bei Berlin. Und was soll ich sagen? Himmlisch. Ich liebe Honig im Essen, aber pur kann ich ihn nicht genießen. Anders bei dieser goldschimmernden Substanz, man schmeckt förmlich jede einzelne Blüte heraus. Ganz zart und exzellent im Geschmack und nicht so brachial. Das passte hervorragend zu dem Herbsüßsäuerlichen der Aprikosen und dem arabischen Orangenblütenwasser, das man ja nur dezent einsetzen sollte.

Arabische Küche: Rezept für gebackene Aprikosen mit Honigbutter und Orangenblütenwasser

Gebackene Aprikosen - ein arabisches Rezept

Kauft ruhig ein paar Aprikosen mehr und probiert wie die Süße der Früchte ist. Je nachdem kann der Honiganteil erhöht werden. Ich würde keine winzigen Zuckeraprikosen, aber auch keine Mammutaprikosen verwenden. Das Köstlichste an diesem schlichten und doch so aromatisch-vielschichtigem arabische Gericht mit nur vier Zutaten ist die Sauce, die sich am Ende am Boden sammelt: Eine zähflüssige Melange aus Butter, Honig, Orangenblüten, Fruchtsaft und einer Note Karamell. Die bernsteinfarben-buttrig-schimmernden Früchte sind natürlich auch nicht zu verachten. 😉

Die Aprikosen schmecken gut zu Joghurt (wobei der in seiner Klarheit viel Geschmack nimmt), noch warm aus dem Ofen auf Vanilleeis, auf Milchreis oder Griesbrei, pur und natürlich auch auf Porridge.

 

Arabic food: How to make bakes apricots with honey, butter & orangeblossom water

Rezept für gebackene Aprikosen mit Honig, Butter & Orangenblütenwasser

8 Aprikosen
2 EL regionaler Honig (mehr, wenn die Aprikosen nicht süß genug sind)
1 EL Butter (geschmolzen)
1/4 TL Orangenblütenwasser*

Zubereitung

  • Aprikosen waschen, halbieren, entsteinen und mit der Schnittfläche nach oben in eine Auflaufform legen.
  • Honig, Butter und Orangenblütenwasser in einer kleinen Schale mit einander verquirlen.
  • Die Aprikosen mit der Honigbutter bestreichen, darauf achten, dass die Höhlungen der Aprikosen jeweils mit etwas davon gefüllt sind.
  • Bei 175° Umluft für 15 Minuten backen, rausholen, die Aprikosenhälften wenden und nochmals für 5-10 Minuten in den Ofen geben, bis die Aprikosen weich gebacken und durchscheinender sind.
  • Noch warm servieren.

 

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Mix aus Ruhrpott, Berlin und Orient: Curryketchup zum Selbermachen

Angegrillt habt ihr alle zwar schon längst, aber so mitten drin in der schönsten Sommerurlaubszeit habe ich noch ein Rezept für ein neues Sößchen. Im Juni hatte ich ja radwandernden Besuch, für dessen Buchprojekt ich ein regionaltypisches Menü zusammengestellt habe. Ich hatte mich - neben anderen Dingen - für eine arabische Version des Berliner Klassikers Currywurst mit Pommes entschieden.

Curryketchup selbermachen: Rezept für Gewürzketchup / www.magischer-Kessel.de

Die Mélange fand ich auch deswegen besonders passend, weil ich hier meine orientalischen Wurzeln, mein Leben in Berlin und mein Aufwachsen im tiefsten Ruhrpott mit in den Kessel werfen konnte. Das Rezept für die arabischen Pommes - hier dann Batata Harra (scharfe arabische Ofenkartoffeln) mit Olivenöl und Harissa - habe ich schon im Foodblog verewigt, Fattoush als sommerlicher Beilagensalat ebenfalls. Fehlt nur noch mein Orientzucker, der beim Nachtisch Verwendung fand und - tadaa - das currylastige Gewürzketchup für die Wurst.

Currywurst mit Pommes auf arabisch. Rezept für selbstgemachte Currysauce. #curryketchup

Und ja, in Berlin, der Heimat der Currywurst, gab es traditionell immer ne Schrippe oder wabbeliges, trockenes Toastbrot zur Wurst. Die Fritten sind definitiv meinen ersten Currywursterfahrungen und der Kindheit in Duisburg geschuldet. Hier wie dort gehört die Currywurst zu den traditionellen Fast Food-Gerichten, allerdings in verschiedenen Rezepturen.
Diese Currysauce ist quasi der Kitt - quer über den großen innerdeutschen, berlin-ruhrpöttischen Currywurstgraben. Aber meiner Ansicht nach haben Berlin und der Pott ja eh viel gemeinsam, in der Sprache, durchaus auch der Mentalität und vieles davon dank der ähnlichen Einwanderungswellen Anfang des letzten  Jahrhunderts. (An die Idioten, die sich daran stören: Ja, Deutschland war und ist ein Einwanderungsland. Schon immer. Auch schon vor hunderten von Jahren. Tatsache. Lebt damit. Der Reichtum des Landes profitiert von dieser Vielfalt und dem Input. Wahrscheinlich ist eure eigene Familie vor 5 Generationen ebenfalls auf der Flucht vor irgendwas in deutschsprachigen Landstrichen angekommen. Oder war schlicht auf der Suche nach Arbeit im Zuge der Industrialisierung. Anyway... zurück zu schöneren Dingen.)

Gewürzketchup / www.magischer-kessel.de

Rezept für selbstgekochte Currysauce

Currypulver an sich hat ja durch den Mix aus wundervollen aromatischen Gewürzen schon einen Hauch orientalische Exotik. Ich habe mich aber nicht darauf beschränkt, in Berliner Manier einfach etwas billiges Currypulver auf süßes Tomatenketchup zu knallen, sondern habe meine eigene Sauce gekocht. Nach einigen Testläufen bin ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden: Eine Mischung aus fruchtig-süß-säuerlich-scharf mit geröstetem Knoblauch und einer Ahnung von Ingwer am Horizont. 😉 Also klassisch, aber irgendwie doch anders. Die Currysauce passt nicht nur zur traditionellen Wurst mit Fritten, sondern macht sich eben auch wunderbar als selbstgemachte Grillsauce oder als Ketchupersatz - natürlich auch auf nichtfleischlichen Dingen wie Grillgemüse oder Grillkäse. Wer da noch weiter experimentieren möchte - etwas aufwändiger aber ebenfalls ganz toll ist auch dieses Paprikaketchup.

Selbstgekochtes Curryketchup

Ich messe die Zutaten für meine Rezepte immer gestrichen mit einem Löffelmaß* ab (pi-mal-Daumen mit nem normalen Teelöffel klappt das natürlich auch). Und auch wenn ich mich wiederhole: Ein Einfülltrichter* erleichtert die Arbeit einfach ungemein und sorgt dafür, dass beim Einkochen keine all zu große Sauerei entsteht. 😉

Curryketchup selbermachen: Rezept für Gewürzketchup / www.magischer-Kessel.de

Rezept für Curryketchup

200 g Orangensaft (100% Frucht)
125 g Tomatenmark
35 - 40 g Zucker (je nach Süße der restlichen Zutaten)
25 g Branntweinessig
15 g Ingwer (ungeschält)
1 - 1,5 Tl Meersalz (fein)
1 - 2 Knoblauchzehen
2 TL Madras Currypulver
1/2 TL Paprikapulver (edelsüß)
1/2 TL Ceylon-Zimt
1/4 TL Cayennepfeffer (Chili)
1/4 TL Langer Pfeffer (gemahlen/frisch gestampft im Mörser)
3 Körner Piment
neutrales Öl (Sonnenblumenöl) zum Anbraten

Zubereitung

  • Knoblauch und Ingwer (letzteres geht mit einem Teelöffel übrigens
    hervorragend!) schälen, ganz fein hacken und in einer Kasserolle* in etwas Sonnenblumenöl bei mittlerer Temperatur anbraten bis beides anfängt zu duften und zu bräunen.
  • Die zu Pulver zerkleinerten Gewürze unter Rühren kurz mit anrösten, dann das Tomatenmark hinzu geben und ebenfalls kurz mitrösten. (Wirklich nur jeweils kurz, es soll Nichts ver- oder anbrennen.)
  • Mit dem Orangensaft ablöschen, Essig, Salz und Zucker hinzufügen. Ein paar Minuten gut durchköcheln lassen, dabei das Rühren nicht vergessen.
  • Pürieren. Abschmecken. Beim Probieren darauf achten, dass Gewürzketchup (auf dem Löffel) abgekühlt zu probieren. Bei Bedarf noch etwas Zucker oder Salz hinzufügen - das hängt einfach vom verwendeten Tomatenmark und der Süße des Saftes ab.
  • Noch heiß in saubere Gläser abfüllen. Das Curryketchup hält sich so bei uns im Kühlschrank mehrere Wochen. Richtig im Glas eingekocht darf es dann auch in die Vorratskammer ziehen.

 

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Batata Harra – scharfe Kartoffeln aus dem Ofen

Batata Harra - was aus dem Arabischen übersetzt quasi scharfe (harra) Kartoffeln (Batata) bedeutet - ist eigentlich ein libanesisches Gericht. Aber inzwischen findet man es dank orientalischen Imbissbuden und Restaurants an vielen Stellen.

Arabisches KartoffelrezeptGefühlt sind (gute) Kartoffelgerichte im arabischen Raum auch irgendwie rar gesät. Ich habe dem Eindruck man steht diesem Gemüse (denn als dieses wird es gerne verzehrt - am besten mit etwas Brot oder Reis dazu, so habe ich es als Kind in Baghdad jedenfalls kennengelernt ;)) einfach nicht mit der gleichen euphorischen Liebe gegenüber, die beispielsweise Europäer für diese stärkehaltige Knolle empfinden.

Rezept für Batata Harra aus dem OfenRezept für Batata Harra aus dem Ofen

Deutschland regional

Das leckere arabische Kartoffelgericht Batata Harra fiel mit vor ein paar Wochen wieder ein, als ich versuchte ein Menü zu planen. Letzten Samstag war ich nämlich Gastgeberin für Elmar Schwer und sein Projekt "30 Tage - 30 Orte - 30 regionaltypische Gerichte". (Die andere Berliner Gastgeberin war übrigens Doc.Eva mit einem Menü aus Salat, Berliner Erbsensuppe und Berliner Luft-Torte)Voraussetzung hierfür ist, dass dem radwandernden Reisenden etwas Regionales kredenzt wird. Und wie Elmar dann selbst am Abend feststellte: Meine Lebensgeschichte und die Orte von denen ich stamme und wo ich aufwuchs sind quasi die Klammer, die sein Projekt umfassen. Vom tiefsten Sachsen bis in den ursprünglichsten Ruhrpott, hin nach Berlin mit Wurzeln in Schlesien und Kurdistan/Irak.

arabisches Kartoffelgericht

Und so sah dann auch mein regionales Menü mit berlinerisch-ruhrpöttisch-sächsisch-orientalischen Einschlägen aus.:

Hauptspeise: Currywurst mit Pommes auf Arabisch
Typisch berlinerisch: Selbstgekochte Currysauce mit Madras- Curry, reichlich Zimt, langem Pfeffer, Knoblauch, Ingwer, Chili und anderen Köstlichkeiten. Dazu Merguez und Lammwürstchen vom Biometzger und eben meine Version der Batata Harra als orientalische Pommes Frites-Variante. Als grüne Beilage hatte ich Fattoush mit frittiertem arabischen Fladenbrot und frischem Sauerklee und Minz-Petersiliendressing gemacht. Als Getränk wurde hierzu edelste Rixdorfer Fassbrause gereicht.

Dessert: Sächsische Quarkkäulchen
Ein schönes Restegericht - aus dem Lameng einen Teig mit Pellkartoffeln vom Vortag, Quark, Mehl, Zucker, in Rotwein getränkten Rosinen zusammenrühren und daraus dann Quarkkäulchen frittieren. Serviert mit meinem samtigen Apfelmus mit Vanille und meinem Orientzucker.

Arabische Kartoffelecken aus dem Ofen...

Aber kommen wir zu den Batata Harra zurück. Diese werden eigentlich in der Pfanne in Olivenöl gebraten, dazu hatte ich in der Länge und bei der Menge an Kartoffeln nun wirklich keinen Nerv und habe sie deswegen nach meinem Rezeptentwurf beim Probekochen einfach in den Ofen verfrachtet - was auch perfekt funktioniert hat. Was besonders schön ist: dieses arabische Kartoffelrezept ist schon immer vegan. Also zumindest, wenn ihr die Currywurst weg lasst, die es bei mir dazu gab. 😉 Die Rezepte für die restlichen Bestandteile des Menüs reiche ich dann nach und nach hier im Foodblog hinein, schon verbloggte Gerichte sind verlinkt.

Cooking Batata Harra

Rezept für Batata Harra

1.5 Kg festkochende Kartoffeln (geschält ~ 1,25 Kg)
3 EL gutes Olivenöl
2 EL Sesamsaat (ungeschält)
1,5 TL Harissa (arabische Gewürzpaste mit Chili)
1,5 TL Meersalz (fein)
3/4 TL Zitronenzesten (frisch)
1/2 TL Paprikapulver (edelsüß)
Saft 1/2 Zitrone
1/2 Strauß grobblättrige Petersilie

Zubereitung

  • Die Kartoffeln schälen in grobe Würfel schneiden, waschen, sehr gut abtropfen lassen.
  • Aus den restlichen Zutaten (bis auf die Petersilie) in einem Schälchen die Marinade zusammenrühren
  • In einer großen Schüssel die Kartoffeln gründlich mit dem Harissa-Öl vermengen und dann rasch (sie sollen kein Wasser ziehen) auf einem mit Backpapier ausgelegtem Blech ausbreiten. Die gewürzten Kartoffeln sollen dabei in einer Ebene und nicht gestapelt liegen.
  • Im vorgeheizten Backofen (Umluft) bei 200° für 35-45 Minuten (das ist auch ein wenig abhängig davon, wie groß eure Würfelchen sind) auf mittlerer Schiene backen, bis sie gar sind und anfangen zu bräunen. Zwischendrin bitte die Batata Harra wenden und Feuchtigkeit aus dem Ofen entweichen lassen.
  • Sind die scharfen Ofenkartoffeln fertig, das Blech aus dem Ofen nehmen frische, grob gehackte Petersilie unterheben, in eine Schale geben und direkt servieren und aufknuspern.

Arabischer Lammtopf mit Bamia (Okraschoten)

Lammfleisch und ich - wir haben eine innige Beziehung. Beziehungsweise hätten sie sehr gerne. Leider fehlt mir in Berlin-Friedrichshain immer noch ein Supermarkt mit arabischen Produkten und einem angeschlossenen, guten Metzger. Stattdessen kann ich mich mit Asia-Shops totwerfen. Was natürlich auch seinen Vorteil hat, da wir gerne auch asiatisch kochen und sich hier viele Produkte überschneiden. Aber... es ist halt nicht das Gleiche.

Arabischer Lammtopf

Für dieses Gericht war der Liebste in vier (!) Geschäften, nur um Bamia zu bekommen. Von tiefgefrorenen Okraschoten oder gar frischen Schoten (zu bezahlbaren Preisen) wage ich gar nicht zu träumen. Für das hier verwendete Glas, das er dann im letzten Gemüseladen auftrieb, musste er tatsächlich vier Euro hinlegen. Wucher. Und das auch noch von der Marke, deren Produkte ich jetzt nicht unbedingt hochqualitativ nennen würde. Also, liebe Händler orientalischer Lebensmittel, wo seid ihr in meiner Nähe? Ich würde sicherlich direkt bei euch Kundin werden!

Kurdische Küche

Ich glaube nicht, dass es sich hier um ein rein kurdisches Rezept handelt, sondern eher etwas aus der allgemeinen traditionellen Küchenwelt des Irak. Auch wenn sich beispielsweise in dem eher speziellen Kochbuch "Die traditionelle kurdische Küche"*, sehr, sehr entfernte Verwandte finden. Die von der Autorin Hülya Baba vorgestellten Rezepte, die sie von Mutter und Großmutter in der "alten Heimat" (kurdisches Siedlungsgebiet im gebirgigen Osten der Türkei) erlernt hat, zeichnen ein kulinarisch sehr karges und hart erscheinendes Leben. Es ist wirklich schlichte, regionale, ursprüngliche, bäuerliche Küche, die aus fast Nichts viel macht. (Und ich jammer darüber, die gewünschten Zutaten nicht direkt im Kiez zu bekommen...)

Meiner Erfahrung nach begegnet einem Lamm - ertränkt in Tomatensauce - sowieso in ziemlich vielen arabischen Kulturen. Ich habe diesen Lammschmortopf mit Bamia, immer von Papa gekocht, als Kind heiß und innig geliebt, und auch heute noch ist es für mich ein besonders schönes Wohlfühlgericht. Dazu gibt es kurdischen Reis,  angebraten mit Fadennudeln und Zwiebelchen, gekocht und unten braun angebacken. Hört sich ungewöhnlich an - aber alle streiten sich dann am Tisch um die besten Stücke, die am Boden fast karamellisiert sind. Und wenn ich einen besonders guten Tag habe, dann gibt es noch geröstete Mandeln und Rosinen dazu. (Hach. Geröstete Mandeln.)

Orienatlischer Schmortopf mit Lamm und Tomate

Ich kenne es so, dass das Gericht mit Zitronenstein noch zusätzlich gesäuert und gar nicht so großartig gewürzt wird. Okraschoten, Lamm und Tomate gehen bei diesem sehr bodenständigen Lammgericht eine aromatische Allianz ein, die nicht viel Firlefanz nötig hat. Heutzutage nehme ich allerdings lieber frische Zitrone anstatt kristalliner Zitronensäure, ein Löffelchen Curry wandert bei mir auch immer hinein. Und wer möchte, kann den Schmortopf auch noch mit etwas Harissa bekannt machen.

Wer Zugang zu gutem Lammfleisch hat, kann es sich direkt beim Metzger des Vertrauens zuschneiden lassen. Ich habe diesmal eine 1,7 Kg schwere Lammkeule gehabt, die auseinandergenommen und aus ein paar Abschnitten und dem Knochen direkt noch eine kräftige Brühe für arabischen Bohneneintopf angesetzt.

Orientalischer Lammtopf

Rezept für arabischen Lamm-Schmortopf mit Okra/Bamia

(für 6-8 Personen)

1 ½ kg Lammgulasch
0,75-1 L Wasser
2 Dosen geschälte Tomaten oder Pizzatomaten à 400 g
2 Pakete pürierte Tomaten à 500 ml
1 Dose/Glas Bamia (Okraschoten) à 400g
200 g  Zwiebeln
3-5 Knoblauchzehen
1 Zitrone
geschmacksneutrales Öl
Meersalz
1 TL Madras-Curry
1 TL Paprika (edelsüß)
bunter Pfeffer
Harissa (optional)

Zubereitung

  • Das Öl in einem großen Topf erhitzen, die grob geschnittenen Zwiebeln darin anschwitzen. Nach und nach die Fleischstücke dazu geben und scharf anbraten.
  • Die Knoblauchzehen häuten und im Ganzen dazu geben. Mit dem Wasser aufgießen, zwischendurch natürlich immer wieder umrühren, Deckel aufsetzen und bei mittlerer Hitze circa 40-50 Minuten köcheln lassen, bis das Fleisch schön zart und die Flüssigkeit etwas reduziert ist.
  • Die fein gehackten Dosen-Tomaten, das Tomatenpüree und die Gewürze dazu geben - darauf achten, nicht zu scharf zu würzen. Nochmals etwas einkochen lassen und dann erst die Okraschoten dazu geben. Die vorgekochten Schoten werden samt der kompletten, schleimig-anmutenden Flüssigkeit aus dem Glas, sie bindet die Sauce zusätzlich, vorsichtig untergerührt. Das Bamia sollte noch kurze Zeit sanft mitkochen, aber nicht zu sehr, da sonst die Schoten zerkochen.
  • Abschließend wird nochmals abgeschmeckt und nachgewürzt. Tomaten und Bamia neigen dazu Gewürze und Salz wegzuziehen. Das Gericht benötigt eine gewisse Säure um den richtigen Geschmack zu entfalten, deswegen sollte man – falls die Säure der Tomaten und des der eingelegten Okraschoten nicht ausreicht – mit etwas Zitronensäure nachhelfen.

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Ab ins Mittelalter – Rishta bi Adds: Arabische Butternudeln mit Hülsenfrüchten

Auch in orientalischen Ländern wird tatsächlich Pasta gegessen. Ich erinnere mich immer noch innigst an den genialen Makkaroni-Tomaten-Auflauf, den die Mama meiner aus Ägypten stammenden Freundin zu Grundschulzeiten immer für uns gemacht hat - den haben wir Kinder einfach geliebt.

Orientalische Pasta

Arabisches Nudelgericht mit Linsen

Für dieses Gericht habe ich wieder tief in eines meiner Lieblingskochbücher, Claudia Rodens "The New Book of Middle Eastern Food"*, geblickt. Eigentlich heißt das Gericht in korrekter Übersetzung ja "Nudeln mit Linsen".  ("Adds" = Linsen). Da ich dieses genial-simple und absolut gute Gericht aber zuerst mit eingekochten Bohnen aus der Dose gemacht habe, wäre die richtigere Bezeichnung wohl eher sowas wie "Rishta bi Ful". Aber wir wollen hier mal nicht kleinlich sein. Die Version mit getrockneten Linsen haben wir inzwischen natürlich auch schon längst gekocht, beide Varianten sind im Rezept genannt. Mir persönlich schmeckte die Version mit den Wachtelbohnen/Borlottibohnen besser, was aber vielleicht daran liegt, dass ich keine große Linsenliebhaberin bin. Mit Kichererbsen kann ich mir das Gericht übrigens auch hervorragend vorstellen.

 

Arabische Nudeln mit Hülsenfrüchten

 

Ein Pastarezept aus dem arabischen Mittelalter

Und damit habe ich direkt Gelegenheit, um hier ein wenig Nahrungsmittelhistorie am Rande einzufügen. Die Bezeichnung "Rishta" für Nudeln war mir bis dato unbekannt. Claudia Roden schreibt erklärend, dass Pasta schon im antiken Persien bekannt war und auch in arabischen Kochbüchern aus dem Mittelalter vorkommt. "Rishta" stammt aus dem Persischen und bedeutet ursprünglich eigentlich Faden. Gemeint ist hiermit tagliatelleartige, also breitere Pasta und keine Spaghetti und Anverwandte. Der Koch "Al-Baghdadi" beschreibt sie in seinen Anmerkungen als riemchenartig.

Vor kurzem bin ich nämlich ganz begeistert in dem kleinen Artikel "Babylonian Breakfast" von Felicia Campbell über die Erwähnung des "Kitab al-Ṭabīkh", dem "Buch der Gerichte" gestolpert.
(Edit: Sie bezieht sich auf das gleichnamige Kochbuch aus dem 10. Jahrhundert. Hier gibt es einen sehr lesenswerten und ausführlichen Artikel von Charles Perry dazu. Die preisgekrönte Übersetzung von Newal Nasrallah "Annals of the Caliphs' Kitchens: Tenth-Century Baghdadi Cookbook"* ist bestimmt lesenswert - aber auch recht üppig im Preis.)
Der Autor des Kochbuches aus dem 13. Jahrhundert, ist Muḥammad bin al-Ḥasan bin Muḥammad bin al-Karīm al-Baghdadi, meist einfach - wer kann es bei dem langen Namen verdenken - "Al-Baghdadi" genannt. Das Originalmanuskript hiervon hat das Wirrwarr der Zeiten in der Türkei überlebt und hat dort laut dem Übersetzer Perry auch stark die landestypische Küche beeinflusst. Das erste türkische Kochbuch, das dann wiederum erst im 15. Jahrhundert erschien, ist quasi eine Übersetzung ins Türkische, samt ein paar ergänzenden Gerichten.

Ich war sofort Feuer und Flamme und - den Göttern sei Dank - gibt es seit ein paar Jahren ein schmales, preiswertes, englischsprachiges Büchlein in einer komplett korrigierten Neuübersetzung von Charles Perry. Was soll ich sagen? Die Historikerin in mir gab ein begeistertes Quietschen von sich, das  verdächtig wie das eines 15jähriges Fangirl klang und schwupps, lag das "Baghdad Cookery Book: The Book of Dishes (Kitab Al-Tabikh)"* in meinem virtuellen Einkaufswagen. Natürlich ist es ohne Bilder, aber ich finde es absolut spannend. Die Rezepte entfalten sich beim Lesen in meinem Kopf und ich finde es faszinierend, wie viele Sachen nach immerhin 800 Jahren problemlos in die heutige Zeit übertragbar sind und sich im Stil oder sogar fast unverändert in der orientalischen Küche wiederfinden. Ganz im Gegensatz zu so manchen europäischen Rezepten, die in mittelalterlichen Rezeptsammlungen überliefert sind. Meine Freude, als ich hier zudem noch auf  ein Rezept für "Rashta" stieß - einen dicken Eintopf mit Fleisch, Linsen und handgemachten Nudeln, ist wohl vorstellbar.

How to cook Rishta bi AddsMeine Mutter erzählte mir zudem, dass meine Eltern - als sie dieses Jahr im Frühling in Kurdistan waren, um Newroz zu feiern - auch ein Gericht mit Nudeln und Linsen aßen. Ich finde es ist eine ungewöhnliche, aber sehr gute Kombination - und die Menschen aus dem arabischen Raum sind ja nicht die Einzigen, die hierauf kamen, ich sage nur Linsen und Spätzle - quasi das kulinarische-schwäbische Nationalheiligtum. 😉

Und jetzt - nach all dem Geschichtsunterricht, geht es zu dem Rezept für dieses wunderschöne, buttrige Wohlfühlgericht. Es ist schnell gemachtes arabisches Soulfood, bei dem man nach der letzten Gabel mit einem zufriedenen kleinen Seufzen das Besteck beiseite legt.

 

Butternudeln mit Linsen/Hülsenfrüchten [Rishta bi Adds]


(für 2 Personen)

250 g Tagliatelle (in ca. 2,5 cm lange Stücke gebrochen) Alternativ: getrocknete Spätzle
1 Tasse getrocknete braune oder grüne Linsen (gewaschen, Gesamtkochzeit 20-25 Minuten) /Alternativ: 1 Dose Wachtelbohnen, Abtropfgewicht 400 g
2 mittlere Zwiebeln (fein gehackt)
40 g Butter
1 EL neutrales Öl
2-3 Zehen Knoblauch (grob gehackt)
1 TL frisch gemahlene, getrocknete Koriandersaat
Pfeffer, frisch gemahlen
Meersalz

Zubereitung

  • Die geputzten und fein gehackten Zwiebeln in einer kleinen Pfanne mit dem Öl golden braten.
  • Knoblauch und den gemahlenen Koriander hinzufügen und mit anbraten, bis er anfängt zu bräunen. Dann die Pfanne vom Herd nehmen.
  • Die Linsen ohne Salz in reichlich Wasser für 10 bis 15 Minuten auf mittlerer Flamme köcheln lassen, bis sie weich sind. Er jetzt salzen, sonst  bleiben sie hart.
  • Die Nudeln zu den Linsen geben , gar kochen und alles durch ein Sieb abgießen. (Werden Dosenbohnen genutzt, werden nur die Nudeln gekocht, kurz vor Ende der Garzeit die abgegossenen Wachtelbohnen zum Erwärmen dazu gegeben und dann wie im Rezept weiterverfahren.)
  • Alles wieder zurück in den Topf geben und mit den gebratenen Gewürzzwiebeln und der Butter vermengen,  bis diese geschmolzen ist.
  • Mit Pfeffer und Salz abschmecken, in einer flachen Schale anrichten und servieren. Fattoush eignet sich noch als kleine, knackige Beilage.

 

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