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Rāshtā: Eintopf mit selbstgemachten Nudeln – ein Gericht aus dem Baghdad des 13. Jahrhunderts

Experimentelle Archäologie, noch nie genutzte Zutaten, ein Gericht mit nur einem Gewürz und einer Prise Zeitdruck - was kann da schon schief gehen? 😅

Rashta: Eintopfrezept mit Nudeln aus dem Baghdad des 13. Jahrhunderts

Das Ergebnis war ein überraschend köstlicher, dicker Fleischeintopf mit selbstgemachten Nudeln - genau das richtige für einen grauen Februartag.
Ich widme mich derzeit wieder vermehrt dem Nachbau historischer Rezepte, besonders haben es mir da ja arabische Kochbücher angetan. (Mehr dazu auf meinem Insta-Account "Theophanu's Cauldron", auf dem dazugehörigen Foodblog gibt es die Texte dann auf Englisch.) Denn weit bevor Europäer*innen einen Federkiel in die Hand nahmen, um ihre Rezepte festzuhalten, gab es hier eine große Kochbuchtradition, die besonders an den Höfen gepflegt wurde (Lies: Sultan und seine Cronies sammelten Kochbücher und haben da auch Rezeptevents abgehalten). Kochen war also "in" und die arabischen Länder waren die Influencer ihrer Zeit. Gerichte, Geschirr und Gewürze inspirierten zum Beispiel eben auch sehr stark die mittelalterliche deutsche Kochkunst. Und so ist es kein Wunder, dass es Schriften, wie das "Scents and Flavors"* gibt, das punktgenau alles rund um Festmähler abhandelt - bis hin zu duftigen Mittelchen, damit sich die Gäste auch wohlfühlen.

Chana Dal - geschälte, gespaltene Kichererbsen

Rishta/Rashta - dicker Eintopf mit Nudeln und Hülsenfrüchten

Heute liegt mein Augenmerk aber auf einem Kochbuch des 13. Jahrhunderts, das aus Baghdad stammt und hier im Foodblog auch schon öfter Erwähnung fand: A Baghdad Cookery Book* (Kitab al-Ṭabīkh - das Buch der Gerichte) im Jahr 1226 verfasst von einem Schreiber namens Muḥammad bin al-Ḥasan bin Muḥammad bin al-Karīm al-Baghdadi - kurz Al-Baghdadi genannt - und in der Übersetzung von Charles Perry. (Es gibt eine erste englische Übersetzung von 1939 von A. J. Arberry, die zu ihrer Zeit bahnbrechend war, aber stellenweise Fehlübersetzungen enthält. Dennoch eine spannende Lektüre, gerade im Vergleich zu Perrys Version. Die Übersetzung ist in dem Sammelband "Arab Medieval Cookery"* enthalten.)
Al-Baghdadi berichtet im Vorwort, dass seine Leidenschaft eben gutes Essen ist, laut ihm hat er die Rezepte nach seinen persönlichen Vorlieben zusammengestellt. Die Gerichte sind ein wenig frugaler als in "Scents and Flavors", aber die enge Verwandtschaft ist deutlich erkennbar. Viele Gerichte leben, in etwas veränderten Fassungen, auch noch heute in der pan-arabischen Küche weiter. Wie auch das Gericht Rishta bi Adds, einen dicken Linsen-Nudel-Eintopf den ich vor einigen Jahren hier auch schon als vegetarisches Rezept vorgestellt habe. Jetzt halt in der Baghdad-Originalversion mit Fleisch.

"Rāshtā. The way to make it is to cut fat meat medium and put it in the pot. Put on water to cover, a stick of cinnamon, a little salt, a handful of peeled chickpeas and half that much of lentils. Boil it until it is done. Then add more water and bring it to a full boil. Then throw (in) rāshtā, which is dough kneaded hard and rolled thin, then cut into fine thongs four finger-widths long. Then kindle the fire under it until it has thickened smoothly. When it has grown quiet on a gentle fire a while, take it up.

[It is made from strongly kneaded unleavened dough which is made like thongs and put in water and cooked with or without meatl From the Minhāj.]



"A Baghdad Cookery Book", tranlasted by Charles Perry, Chapter II. On plain dishes according to [their variety, Rāshtā, S. 48

Meine Übersetzung: "Rāshtā. Die Art und Weise es zuzubereiten besteht darin, fettes Fleisch in mittelgroße Stücke zu schneiden und in den Topf zu geben. Gib so viel Wasser dazu, dass alles bedeckt ist, sowie eine Zimtstange, etwas Salz, eine Handvoll geschälte Kichererbsen und halb so viele Linsen. Koch es, bis es fertig ist.
Dann füge mehr Wasser hinzu und bring alles stark zum Kochen. Wirf jetzt die Rāshtā hinein, welche aus einem stark gekneteten und dünn ausgerollten Teig bestehen, der dann in feine Streifen von vier Fingerbreiten Länge geschnitten wird. Anschließend das Feuer darunter anfachen, bis es gleichmäßig eingedickt ist. Wenn es auf einem sachten Feuer eine Weile ruhig geworden ist, kann es serviert werden.

[Es besteht aus stark geknetetem, ungesäuertem Teig, der wie Riemen geformt, in Wasser gelegt und mit oder ohne Fleisch gekocht wird. Aus dem Minhāj.]"

Rashta - eine mittelalterliche, dicke Nudelsuppe nach 800 Jahre altem Rezept aus BaghdadRindfleisch für mittelalterlichen Eintopf Rashta

Überlegungen und Beobachtungen zum mittelalterlichen Rezepttext

  • Ich hatte angenommen, dass mir weitere Gewürze und vor allem Zwiebeln stark geschmacklich fehlen würden und war angenehm positiv überrascht. Der Eintopf war erstaunlich aromatisch. Die zugegebenen Kichererbsen und Linsen scheinen eher Geschmacksträger und Konsistenzgeber, da durch die Kochzeit recht zerfallen. Es soll keine dünne Nudelsuppe sein, sondern ein richtig dicker, sämiger Eintopf mit starkem Fleischgeschmack und den (verdammt guten - sorry, Selbstlob muss auch mal sein) Nudeln als den Stars. Bleibt er länger stehen, verschwindet die Flüssigkeit fast gänzlich.
  • Ich verwende Chana Cal, geschälte, halbierte Kichererbsen. Korrekter wären wohl ganze, geschälte Kichererbsen, die ich allerdings nicht bekommen konnte. Da sie eh zerkochen, ist es wohl marginal. Wer welche nutzt, sollte allerdings Einweich- und Kochzeit hochsetzen. (Und ja, wir haben hier verschiedene Hände voll mit Kichererbsen gehabt und abgewogen. 😅)
  • Im Rezept wird erwähnt, dass eine Zimtstange mit in den Topf soll. Meine Zimtstangen waren allerdings eher schmalbrüstig. Im Vorwort (S. 28) weist der Autor darauf hin, wie dick, stark eingerollt und beißend-duftend die verwendeten Zimtstangen sein sollen. Deswegen wanderten zwei Stück in den Topf - immerhin das einzige Gewürz neben Salz.
  • Apropos Salz: Hier wandert am Anfang Salz in den Topf, ich behalte mir vor, die Brühe nochmals nachzusalzen, kurz bevor die Nudeln hineinwandern. Ich verwendete feines Meersalz, der Autor liebt Steinsalz (was wahrscheinlich etwas mit dem Reinheitsgrad zu tun hat). Wer authentisch Steinsalz verwenden möchte, sollte evtl. die Salzmenge ein kleines wenig nach unten korrigieren.
  • Nicht lachen, ja ich verwende tatsächlich Entrecôte, da mir Suppenfleisch oder Tafelspitz als zu mager erschienen und ich ein zartes Fleisch wollte. Hat hervorragend geklappt - aber sicherlich könnte eins auch zu einem gut durchwachsenen, günstigeren Fleisch greifen. Vorschläge nehme ich gerne entgegen.
  • In der Einleitung (S. 29) erwähnt Al-Baghdadi, dass es grundlegende Technik ist, die Brühe nach dem ersten Aufkochen abzuschäumen - wie wir es ja heutzutage auch noch kennen.
  • Dort wird ebenfalls mit Bezug auf dieses Kapitel erwähnt, dass das Fleisch vorher gewaschen und gesalzen werden soll - was ich bei heutigen Hygienestandards nicht für nötig erachte. Das Fleisch sollte auch in Fett angebraten und dann gekocht werden. Tatsächlich geht er so in fast allen in diesem Kapitel erwähnten Eintopfrezepten vor, nur in diesem hier explizit nicht. Ich habe mir darüber etwas den Kopf zerbrochen und mich dann entschieden die Anweisung aus dem Vorwort zu ignorieren und nach dem Rezepttext vorzugehen. Es existieren also im Grunde beide Optionen. Eventuell gehe ich beim nächsten Mal so vor.
  • Das Minhāj ist ein medizinisches Werk, das auch Rezepte (so wie damals üblich) beinhaltet. In einer späteren Version des Werkes von Al-Baghdadi wurden Informationen hieraus bei seinen Rezepten ergänzt. In der Übersetzung wurden sie größtenteils herauseditiert und blieben nur vorhanden, wenn sie kulinarischen Bezug hatten - wie hier bei dem Nudelsuppenrezept.
  • Ich habe mich für einen Nudelteig mit Eiern entschieden - meinem Verständnis nach ist hier die Gelingsicherheit bei normalem Weizenmehl mehr gegeben. Wer eine eifreie Version mit anderen Mehlsorten starten will - feel free. Das Nudelrezept ist mein persönlicher Interpretationsspielraum im Rahmen der gegebenen Parameter: ohne Triebmittel, stark geknetet, dünn ausgerollt, in 4 Finger breite, schmale Riemchen geschnitten, kann in Wasser oder zusammen mit dem Fleisch gekocht werden.

Ausgerollter Nudelteig für Rashta - arabische, dicke Nudelsuppe nach einem One-Pot-Rezept aus dem MittelalterHandgemachte Nudeln für arabische Nudelsuppe

Wärmender Eintopf für die Lagerküche

Unabhängig von meinem Interesse als Historikerin und der Gaumenfreude: das Gericht eignet sich tatsächlich hervorragend für die Lagerküche und zum Kochen im Kessel auf offenem Feuer oder in Grapen in der Glut. Wer also Reenactment / Living History betreibt, wird hier ein weiteres Rezept finden, das relativ simpel zu kochen, wärmend und sehr gut sättigend ist.

 

Rezept für Rāshtā - ein dicker Nudeleintopf aus dem Baghdad des 13. Jahrhunderts

(für 4 Personen)
Zutaten für die Rinderbrühe mit Hülsenfrüchten:
600 g Entrecôte
60 g Chana Dal* (geschälte, gespaltene Kichererbsen)
30 g Berglinsen
2,5 TL Meersalz (fein)
2 Zimtstangen
Wasser (700 ml zum Aufsetzen, 1,2 L später für die Nudeln)

Zutaten für die Suppennudeln:
300 g Weizenmehl (Type 405)
3 Eier (M)
2-3 EL Wasser
2 TL Sesamöl
1/2 TL Salz

Zubereitung

  • Die Kichererbsen müssen vorab gewaschen werden und dann 2 Stunden in Wasser einweichen.
  • Das Entrecôte in Stücke mit 2-3 cm Kantenlänge schneiden.
  • Das Fleisch zusammen mit 1,5 TL des Salzes, zweier Zimtstangen, den eingeweichten, abgegossenen Kichererbsen und den gewaschenen Linsen in einen mittelgroßen Topf geben.
  • Mit 700 ml Wasser bedecken und zum Kochen bringen, Verunreinigungen mit einem Schöpflöffel abschöpfen. Deckel aufsetzen und für 1,5 Stunden auf kleiner Flamme köcheln lassen. Ab und an umrühren und prüfen, ob die Kichererbsen schon gar und das Fleisch schon mürbe ist.
  • Währenddessen den Nudelteig zubereiten: Eier, 2 EL Wasser und Sesamöl in einer Schale miteinander verklempern.
  • Mehl mit Salz vermischen, als kleinen Berg auf eine Arbeitsfläche geben und in der Mitte eine Mulde formen.
  • Schrittweise die Eimasse hinzugeben und mit einem Löffel, den Fingern oder einer Gabel nach und nach mehr Mehl vom Rand her nach innen einarbeiten, so dass eine Art dicker Breit entsteht.
  • Mit den Händen nach und nach das gesamte Mehl einarbeiten.
  • Den Nudelteig mit den Händen gut durchwalken, das dauert ca. 10 Minuten. Die Konsistenz sollte am Ende geschmeidig/elastisch, glatt und nicht mehr klebrig sein.
  • Troubleshooting:
    Ist der Teig zu klebrig: löffelchenweise Mehl einarbeiten.
    Ist der Teig zu trocken und krümelig: löffelchenweise Wasser einkneten.
  • Nach dem Kneten den Teig mit einem Tuch abdecken und für 30 Minuten ruhen lassen.
  • Teig in 4 gleichgroße Stücke teilen, jeweils auf bemehlter Arbeitsfläche sehr dünn ausrollen. Währenddessen immer wieder bemehlen und wenden, damit er nicht klebt. Ich habe hierfür ein konisches Nudelholz* verwendet, das meine Eltern mir mal aus Kurdistan mitgebracht haben. Es ist erfekt für dünne Teigfladen/Fladenbrote und ähnelt sehr französischen Teigrollern.
  • Die großen, hauchdünnen Teigfladen nochmals für 15 Minuten auf frischen Küchenhandtüchern ruhen und trocknen lassen.
  • Einen Fladen Nudelteig nehmen und in lange, ca. 8 cm breite Streifen teilen. Bei mir waren das Fladen 3 Stück. Diese aufeinanderlegen, in der Mitte teilen, eine Hälfte bei Seite legen. von der anderen Hälfte ca. 2-3 Milimeter breite und 8 cm lange "Riemchen" herunterschneiden. Zwischendurch immer wieder innehalten und die Nudeln mit den Fingern vorsichtig teilen und durch die Finger aufs Brett "rieseln" lassen und mit etwas Mehl bestäuben, damit sie nicht verkleben. So für den gesamten restlichen Teig weiter arbeiten. Ich hatte am Ende 4 Haufen/Nudelnester. Nochmals Ruhezeit von 10-15 Minuten.
  • 1,2 Liter Wasser zur fertig gekochten Rinderbrühe hinzu geben, restliches Salz hinzufügen, wallend aufkochen lassen und nach und nach die handgeschnittenen Nudeln hineingeben. Immer wieder zwischendrin umrühren, damit sie in der dicken Brühe nicht verklumpen.
  • Für 3-4 Minuten kochen lassen. Wenn sie gar sind, vom Feuer ziehen, nochmals 10 Minuten quellen lassen, dann servieren.

 

Und weil es gerade so schön passt, reiche ich das Gericht noch ganz schnell (und mal wieder super kurz und knapp vor Schluss - inzwischen hat es ja fast schon Tradition) zu Zorras Kochtopf-Blogevent ein. Das Thema in diesem Monat sind Eintopf-Gerichte - alles aus einem Topf - und die Gastgeberin ist Sabine von "Einfach Kochen und mehr".

Rezept für Rashta - mittelalterlicher Nudeleintopf aus BaghdadBi


*Werbung. Afiliate-Links zu Amazon. Bei einem Kauf hierüber erhalte ich eine Vergütung.

Literatur:

Scents and Flavours: A Syrian Cookbook*, Perry, Charles (Übersetzer), New York University Press, New York 2020, ISBN: 978-1479800810

A Baghdad Cookery Book*, Perry, Charles (Übersetzer), Prospect Books, Croydon 2005, ISBN: 978-1903018422

Medieval Arab Cookery*. Essays and Translations by Maxime Rodinson, A.j. Arberry & Charles Perry, Prospect Books, Trowbridge 2006, ISBN: 978-0907325918

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Frischer Linsensalat mit Thunfisch [Werbung]

Schnell gemacht, landet dieser Linsensalat mit Thunfisch und frischem, knackigen Gemüse auf dem Tisch.

 

Sogar das hauseigene fünfjährige Kind isst diesen Salat (es hatte vor ein paar Monaten mal einen Fertigsalat in ähnlicher, aber deutlich matschigerer Machart gegessen, erstaunlicherweise gemocht und forderte seitdem die Geschmackskombination Linse/Thunfisch immer wieder ein), der mit viel frischem Gemüse, Thunfisch aus der Dose und einem schlichten Honig-Senf-Dressing daher kommt.

Beim Gemüse kann man natürlich variieren - keine Paprika, mehr Gurke, Tomate, vorgegarte, Gemüsestückchen wie Karotte, Rübchen oder sogar Blumenkohl kann ich mir auch gut darin vorstellen.
Die Menge reicht als Hauptakteur für 2-3 Personen als Abendessen, bei uns gibt es Butterstullen als Begleitung dazu. Wenn ihr den Linsensalat nur als Begleitung zum eigentlichen Hautgericht nutzt, dann reicht er sicherlich auch für mehr Portionen.

 

 

Vorgekochte Linsen aus der Dose

Ganz ehrlich? Dieser Salat entstand unter Zuhilfenahme von vorgegarten braunen Linsen aus der Dose. Gezielt gekauft hätte ich sie wahrscheinlich nie. Letztens gelangte so ein Objekt allerdings in diesen Haushalt und initiierte tatsächlich diesen schnell gemachten Salat - einfach deswegen, weil ich nur noch eine Dose öffnen und den Inhalt zu den frischen Zutaten geben musste, anstatt mich nochmal an den Herd zu stellen.

Vor ein paar Jahren hätte ich darüber vielleicht noch elitär und empört die Nase gerümpft und ein leicht beleidigtes "Das kann man doch ganz schnell selbst machen..." vor mich hin gemurmelt. Und ja, das geht sicherlich auch ganz schnell - falls eins dafür noch genug Zeit und Energie im Alltag übrig und gleichzeitig den Anspruch hat, seiner Familie ausgewogenes, selbstgekochtes Essen hinzustellen. Ein Kind, eine Pandemie und ziemlich viel Erschöpfung später sage ich: Warum eigentlich nicht?
Also ja, Verpackungswahnsinn, Geld und so weiter kommen mir da in den Kopf.  Kurzes nachlesen zum Thema Weißblechdosen zeigt aber, dass gerade die uns allen bekannte Konservendose (im Gegensatz zu anderen Verpackungsmaterialien, Glas wahrscheinlich ausgenommen) die Produkte nicht nur frisch hält, sondern auch zu fast 100 % recycelbar ist - und zwar immer und immer wieder.
Abgesehen davon: Ich nutze und schätze ja auch ohne großes Nachdenken Fisch, eingelegtes Obst und eingekochtes Gemüse wie Tomaten, Bohnen, (Kicher-)Erbsen und Mais aus der Dose - weil sie direkt als vorgekochte Zutat, ohne unangenehme weitere Zusatzstoffe, hinzugegeben werden können. Zusätzlich koche ich auch selbst saisonal Früchte und Gemüse ein. Der Blick in meine Vorratskammer, die eine Melange aus haltbarer Trockenware, selbst eingekochten Köstlichkeiten und einem vollen Regalbrett mit allerlei gekauften Dosen ist, gibt mir ein gutes und sicheres Gefühl.
Warum dann diese unlogische Abwehr? Was ich eigentlich sagen will: Nutzt, was ihr mögt und was euch das Überleben im Alltag erleichtert und die Hürden für eine einigermaßen ausbalancierte Ernährung senkt. Kein Foodshaming hier. Ich habe da anscheinend Barrieren im Kopf (und ich denke, ich bin damit nicht allein), bei denen es sich lohnt, sie ab und an mal zu hinterfragen.

 

 

Rezept für Linsensalat mit Thunfisch

250g vorgekochte Linsen (hier: Braune Linsen aus der Dose)
1 1/2 Paprika
1/2 Salatgurke
1 Dose Thunfisch ohne Öl, im eigenen Saft (150 g Abtropfgewicht)

Für das Dressing:

1 EL Olivenöl (15 ml)
1 EL + 1 TL Zitronensaft (20 ml)
2 TL Honig (flüssig, hier: milder Akazienhonig)
2 TL getrocknete Salatkräuter (alternativ: frische Kräuter wie Schnittlauch, Dill, Petersilie)
1/2 TL Senf
Meersalz (fein)
frisch gemahlener schwarzer Pfeffer

Zubereitung

  • Die abgekühlten, vorgekochten Linsen oder Linsen aus der Dose in eine Salatschüssel geben.

 

  • Gurke schälen und fein würfen, Paprika putzen und fein würfeln.

 

  • Das geschnittene Gemüse zusammen mit dem abgetropftem Thunfisch zu den Linsen geben.

 

  • Die Zutaten für das Dressing in ein kleines Schraubglas geben. Die Zugabe von Salz richtet sich nach eurem Empfinden und dem zugegebenen Gemüse und ob bspw. die Linsen mit oder ohne Salz gekocht wurden. Von einem Viertel Teelöffel bis zu einem ganzen ist hier eine große Varianz möglich. Tastet euch leicht heran. Wenn ihr das Dressing pur probiert, sollte es etwas übersalzen schmecken.

 

  • Den Deckel aufsetzen, gut verschließen und das Honig-Senf-Dressing schütteln. Dank Senf und Honig als Emulgatoren verbindet sich alles zu einer einheitlichen Sauce.

 

  • Das Dressing über den vorbereiteten Salat geben und alles gut vermischen. Abschmecken und servieren.

 

Ab ins Mittelalter – Rishta bi Adds: Arabische Butternudeln mit Hülsenfrüchten

Auch in orientalischen Ländern wird tatsächlich Pasta gegessen. Ich erinnere mich immer noch innigst an den genialen Makkaroni-Tomaten-Auflauf, den die Mama meiner aus Ägypten stammenden Freundin zu Grundschulzeiten immer für uns gemacht hat - den haben wir Kinder einfach geliebt.

Orientalische Pasta

Arabisches Nudelgericht mit Linsen

Für dieses Gericht habe ich wieder tief in eines meiner Lieblingskochbücher, Claudia Rodens "The New Book of Middle Eastern Food"*, geblickt. Eigentlich heißt das Gericht in korrekter Übersetzung ja "Nudeln mit Linsen".  ("Adds" = Linsen). Da ich dieses genial-simple und absolut gute Gericht aber zuerst mit eingekochten Bohnen aus der Dose gemacht habe, wäre die richtigere Bezeichnung wohl eher sowas wie "Rishta bi Ful". Aber wir wollen hier mal nicht kleinlich sein. Die Version mit getrockneten Linsen haben wir inzwischen natürlich auch schon längst gekocht, beide Varianten sind im Rezept genannt. Mir persönlich schmeckte die Version mit den Wachtelbohnen/Borlottibohnen besser, was aber vielleicht daran liegt, dass ich keine große Linsenliebhaberin bin. Mit Kichererbsen kann ich mir das Gericht übrigens auch hervorragend vorstellen.

 

Arabische Nudeln mit Hülsenfrüchten

 

Ein Pastarezept aus dem arabischen Mittelalter

Und damit habe ich direkt Gelegenheit, um hier ein wenig Nahrungsmittelhistorie am Rande einzufügen. Die Bezeichnung "Rishta" für Nudeln war mir bis dato unbekannt. Claudia Roden schreibt erklärend, dass Pasta schon im antiken Persien bekannt war und auch in arabischen Kochbüchern aus dem Mittelalter vorkommt. "Rishta" stammt aus dem Persischen und bedeutet ursprünglich eigentlich Faden. Gemeint ist hiermit tagliatelleartige, also breitere Pasta und keine Spaghetti und Anverwandte. Der Koch "Al-Baghdadi" beschreibt sie in seinen Anmerkungen als riemchenartig.

Vor kurzem bin ich nämlich ganz begeistert in dem kleinen Artikel "Babylonian Breakfast" von Felicia Campbell über die Erwähnung des "Kitab al-Ṭabīkh", dem "Buch der Gerichte" gestolpert.
(Edit: Sie bezieht sich auf das gleichnamige Kochbuch aus dem 10. Jahrhundert. Hier gibt es einen sehr lesenswerten und ausführlichen Artikel von Charles Perry dazu. Die preisgekrönte Übersetzung von Newal Nasrallah "Annals of the Caliphs' Kitchens: Tenth-Century Baghdadi Cookbook"* ist bestimmt lesenswert - aber auch recht üppig im Preis.)
Der Autor des Kochbuches aus dem 13. Jahrhundert, ist Muḥammad bin al-Ḥasan bin Muḥammad bin al-Karīm al-Baghdadi, meist einfach - wer kann es bei dem langen Namen verdenken - "Al-Baghdadi" genannt. Das Originalmanuskript hiervon hat das Wirrwarr der Zeiten in der Türkei überlebt und hat dort laut dem Übersetzer Perry auch stark die landestypische Küche beeinflusst. Das erste türkische Kochbuch, das dann wiederum erst im 15. Jahrhundert erschien, ist quasi eine Übersetzung ins Türkische, samt ein paar ergänzenden Gerichten.

Ich war sofort Feuer und Flamme und - den Göttern sei Dank - gibt es seit ein paar Jahren ein schmales, preiswertes, englischsprachiges Büchlein in einer komplett korrigierten Neuübersetzung von Charles Perry. Was soll ich sagen? Die Historikerin in mir gab ein begeistertes Quietschen von sich, das  verdächtig wie das eines 15jähriges Fangirl klang und schwupps, lag das "Baghdad Cookery Book: The Book of Dishes (Kitab Al-Tabikh)"* in meinem virtuellen Einkaufswagen. Natürlich ist es ohne Bilder, aber ich finde es absolut spannend. Die Rezepte entfalten sich beim Lesen in meinem Kopf und ich finde es faszinierend, wie viele Sachen nach immerhin 800 Jahren problemlos in die heutige Zeit übertragbar sind und sich im Stil oder sogar fast unverändert in der orientalischen Küche wiederfinden. Ganz im Gegensatz zu so manchen europäischen Rezepten, die in mittelalterlichen Rezeptsammlungen überliefert sind. Meine Freude, als ich hier zudem noch auf  ein Rezept für "Rashta" stieß - einen dicken Eintopf mit Fleisch, Linsen und handgemachten Nudeln, ist wohl vorstellbar.

How to cook Rishta bi AddsMeine Mutter erzählte mir zudem, dass meine Eltern - als sie dieses Jahr im Frühling in Kurdistan waren, um Newroz zu feiern - auch ein Gericht mit Nudeln und Linsen aßen. Ich finde es ist eine ungewöhnliche, aber sehr gute Kombination - und die Menschen aus dem arabischen Raum sind ja nicht die Einzigen, die hierauf kamen, ich sage nur Linsen und Spätzle - quasi das kulinarische-schwäbische Nationalheiligtum. 😉

Und jetzt - nach all dem Geschichtsunterricht, geht es zu dem Rezept für dieses wunderschöne, buttrige Wohlfühlgericht. Es ist schnell gemachtes arabisches Soulfood, bei dem man nach der letzten Gabel mit einem zufriedenen kleinen Seufzen das Besteck beiseite legt.

 

Butternudeln mit Linsen/Hülsenfrüchten [Rishta bi Adds]


(für 2 Personen)

250 g Tagliatelle (in ca. 2,5 cm lange Stücke gebrochen) Alternativ: getrocknete Spätzle
1 Tasse getrocknete braune oder grüne Linsen (gewaschen, Gesamtkochzeit 20-25 Minuten) /Alternativ: 1 Dose Wachtelbohnen, Abtropfgewicht 400 g
2 mittlere Zwiebeln (fein gehackt)
40 g Butter
1 EL neutrales Öl
2-3 Zehen Knoblauch (grob gehackt)
1 TL frisch gemahlene, getrocknete Koriandersaat
Pfeffer, frisch gemahlen
Meersalz

Zubereitung

  • Die geputzten und fein gehackten Zwiebeln in einer kleinen Pfanne mit dem Öl golden braten.
  • Knoblauch und den gemahlenen Koriander hinzufügen und mit anbraten, bis er anfängt zu bräunen. Dann die Pfanne vom Herd nehmen.
  • Die Linsen ohne Salz in reichlich Wasser für 10 bis 15 Minuten auf mittlerer Flamme köcheln lassen, bis sie weich sind. Er jetzt salzen, sonst  bleiben sie hart.
  • Die Nudeln zu den Linsen geben , gar kochen und alles durch ein Sieb abgießen. (Werden Dosenbohnen genutzt, werden nur die Nudeln gekocht, kurz vor Ende der Garzeit die abgegossenen Wachtelbohnen zum Erwärmen dazu gegeben und dann wie im Rezept weiterverfahren.)
  • Alles wieder zurück in den Topf geben und mit den gebratenen Gewürzzwiebeln und der Butter vermengen,  bis diese geschmolzen ist.
  • Mit Pfeffer und Salz abschmecken, in einer flachen Schale anrichten und servieren. Fattoush eignet sich noch als kleine, knackige Beilage.

 

* Werbung: Affiliate-Link zu Amazon. Bei einem Einkauf hierüber erhalte ich eine geringe Vergütung. Vielen Dank.

Frittierte Linsenbällchen mit Joghurt-Dip

Letztens zappte ich durch die deutsche Fernsehlandschaft und blieb - wie immer sehr gerne, dort habe ich schon viele leckere Rezepte und Anregungen aufgeschnappt - bei der Servicezeit Essen & Trinken mit Martina und Moritz kleben. Die Sendung ist vom WDR und diesmal gab es ein Special zum Thema Linsen. Ich bin ja nicht sooo der riesige Linsen-Fan - mein Mann liebt die aber und so sah ich mir das interessiert an. Das Rezept für Linsenbällchen fand ich - wenn auch nicht in dieser Zusammensetzung - ganz spannend, habe aber eine eigene, rein vegetarische Variante mit orientalischem Anstrich daraus entwickelt.

Orientalisches Fingerfood & leckeres Rezept für Diabetiker

Die Linsenbällchen machen sich auch toll als leckeres arabisch angehauchtes Fingerfood auf Parties. Wer - wie ich ab und an - Diabetiker in seinem Umfeld mitbekocht kommt mit diesem Rezept auch sehr gut an. Da Linsen sehr ballaststoffreich sind, werden sie nur sehr verzögert und geringer verstoffwechselt als die enthaltenen Kohlenhydrate vermuten lassen. Allerdings muss sich da jeder Diabetes-Erkrankte von selbst herantasten wie sein Körper nun darauf reagiert und dementsprechend Insulin spritzen. Hierzu geistern auch verschiedene Schulungsmeinungen herum. Die einen spritzen gar kein Insulin für Hülsenfrüchte, die anderen berechnen sie voll (59 KH auf 100 g Trockenprodukt) - und unterzuckern dann gerne mal und die nächsten berechnen nur 2 BE für einen ganzen Teller. Typischer Fall von Trial & Error.

Rezept für frittierte Linsenbällchen
(für 2 Personen als Hauptmahlzeit)

250 g gelbe Orient-Linsen (geschält)
1/2 L Wasser
1 Ei
1 EL geröstetes Kichererbsenmehl
1 große rote Zwiebel
2 Knoblauchzehen
Sonnenblumenöl zum Frittieren
1 EL Olivenöl
2 TL Ras El Hanout
1 getrocknete Chili
frisch gestoßener bunter Pfeffer
1/2 TL edelsüßer Paprika
Salz

Zutaten für Joghurt-Dip
500 ml fettarmer Joghurt
1 Handvoll Walnüsse
frischer Pfeffer
gute Portion frischen Schnittlauch
1/2 Zitrone
Salz

Zubereitung Linsenbällchen mit Joghurt-Sauce

  • Die Linsen abwiegen und mit dem Wasser und etwas Salz in einen Topf geben. Die Linsen einmal richtig aufkochen, dann die Hitze reduzieren und sanft köcheln lassen. Meine Linsen hatten nur eine sehr geringe Kochzeit von 10-15 Minuten.
  • In der Zwischenzeit schon mal die Joghurtsauce zusammenrühren, damit diese schön durchziehen kann. Schnittlauch waschen und zu Röllchen schneiden, in einer Schale mit Joghurt, Zitronensaft, den grob gehackten Walnüssen, Salz & Pfeffer vermischen und beiseite stellen.
  • Die Linsen während des Kochens ab und an umrühren, damit nichts anbäckt. Das Wasser sollte weitgehend verdunstet sein. Vom Herd nehmen, etwas abkühlen lassen und durch die kleinste Scheibe der Flotten Lotte passieren.
  • Zwiebel und Knoblauch schälen, fein hacken, mit dem Olivenöl sanft in einer Pfanne bräunen und unter die Linsenmasse heben.
  • Ein Ei unterrühren - dafür sollte der Linsenbrei schon kühl genug sein, damit es nicht denaturiert. Die Chilischote zerreiben, die Kerne entfernen und mit den restlichen Gewürzen zu den Linsen geben.
  • Ein Esslöffel Kichererbsenmehl untermischen - das allein deswegen, damit der Teig fest genug ist um Bällchen zu formen.
  • In einer tiefen Pfanne oder einem Topf Sonnenblumenöl erhitzen, mit den Händen Bällchen formen und im Öl goldbraun ausbacken.
  • Danach auf einem mit Küchenkrepp ausglegtem Teller abtropfen lassen.

Linsenbällchen-Fazit

Dieses vegetarische Gericht schmeckt warm, laurwarm oder frisch frittert. Die säuerlich-frische Joghurtsauce passt perfekt dazu. Die Bällchen sahen wirklich genial aus, waren Außen knusprig-lecker und im Innern würzig-cremig. Kann ich mir gut für eine Party vorstellen. Am übernächsten Tag aufgewärmt waren sie mir persönlich allerdings dann zu dröge.

Das Ras El Hanout habe ich zu Weihnachten geschenkt bekommen - es war ganz lecker, ist aber bestimmt auch durch ein gutes, nicht salziges, Curry ersetzbar. Ich hatte mir den Kauf ja bisher ja immer verkniffen - da mir interfamiliär oder bei Freunden dieses angeblich totaaal bekannte arabische Gewürz im ganzen Leben noch nicht über den Weg gelaufen ist und es mir zum ersten Mal erst durch Aussagen von Alfons Schuhbeck begegnete...

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