Lammfleisch und ich – wir haben eine innige Beziehung. Beziehungsweise hätten sie sehr gerne. Leider fehlt mir in Berlin-Friedrichshain immer noch ein Supermarkt mit arabischen Produkten und einem angeschlossenen, guten Metzger. Stattdessen kann ich mich mit Asia-Shops totwerfen. Was natürlich auch seinen Vorteil hat, da wir gerne auch asiatisch kochen und sich hier viele Produkte überschneiden. Aber… es ist halt nicht das Gleiche.
Für dieses Gericht war der Liebste in vier (!) Geschäften, nur um Bamia zu bekommen. Von tiefgefrorenen Okraschoten oder gar frischen Schoten (zu bezahlbaren Preisen) wage ich gar nicht zu träumen. Für das hier verwendete Glas, das er dann im letzten Gemüseladen auftrieb, musste er tatsächlich vier Euro hinlegen. Wucher. Und das auch noch von der Marke, deren Produkte ich jetzt nicht unbedingt hochqualitativ nennen würde. Also, liebe Händler orientalischer Lebensmittel, wo seid ihr in meiner Nähe? Ich würde sicherlich direkt bei euch Kundin werden!
Kurdische Küche
Ich glaube nicht, dass es sich hier um ein rein kurdisches Rezept handelt, sondern eher etwas aus der allgemeinen traditionellen Küchenwelt des Irak. Auch wenn sich beispielsweise in dem eher speziellen Kochbuch „Die traditionelle kurdische Küche„*, sehr, sehr entfernte Verwandte finden. Die von der Autorin Hülya Baba vorgestellten Rezepte, die sie von Mutter und Großmutter in der „alten Heimat“ (kurdisches Siedlungsgebiet im gebirgigen Osten der Türkei) erlernt hat, zeichnen ein kulinarisch sehr karges und hart erscheinendes Leben. Es ist wirklich schlichte, regionale, ursprüngliche, bäuerliche Küche, die aus fast Nichts viel macht. (Und ich jammer darüber, die gewünschten Zutaten nicht direkt im Kiez zu bekommen…)
Meiner Erfahrung nach begegnet einem Lamm – ertränkt in Tomatensauce – sowieso in ziemlich vielen arabischen Kulturen. Ich habe diesen Lammschmortopf mit Bamia, immer von Papa gekocht, als Kind heiß und innig geliebt, und auch heute noch ist es für mich ein besonders schönes Wohlfühlgericht. Dazu gibt es kurdischen Reis, angebraten mit Fadennudeln und Zwiebelchen, gekocht und unten braun angebacken. Hört sich ungewöhnlich an – aber alle streiten sich dann am Tisch um die besten Stücke, die am Boden fast karamellisiert sind. Und wenn ich einen besonders guten Tag habe, dann gibt es noch geröstete Mandeln und Rosinen dazu. (Hach. Geröstete Mandeln.)
Ich kenne es so, dass das Gericht mit Zitronenstein noch zusätzlich gesäuert und gar nicht so großartig gewürzt wird. Okraschoten, Lamm und Tomate gehen bei diesem sehr bodenständigen Lammgericht eine aromatische Allianz ein, die nicht viel Firlefanz nötig hat. Heutzutage nehme ich allerdings lieber frische Zitrone anstatt kristalliner Zitronensäure, ein Löffelchen Curry wandert bei mir auch immer hinein. Und wer möchte, kann den Schmortopf auch noch mit etwas Harissa bekannt machen.
Wer Zugang zu gutem Lammfleisch hat, kann es sich direkt beim Metzger des Vertrauens zuschneiden lassen. Ich habe diesmal eine 1,7 Kg schwere Lammkeule gehabt, die auseinandergenommen und aus ein paar Abschnitten und dem Knochen direkt noch eine kräftige Brühe für arabischen Bohneneintopf angesetzt.
Rezept für arabischen Lamm-Schmortopf mit Okra/Bamia
(für 6-8 Personen)
1 ½ kg Lammgulasch
0,75-1 L Wasser
2 Dosen geschälte Tomaten oder Pizzatomaten à 400 g
2 Pakete pürierte Tomaten à 500 ml
1 Dose/Glas Bamia (Okraschoten) à 400g
200 g Zwiebeln
3-5 Knoblauchzehen
1 Zitrone
geschmacksneutrales Öl
Meersalz
1 TL Madras-Curry
1 TL Paprika (edelsüß)
bunter Pfeffer
Harissa (optional)
Zubereitung
- Das Öl in einem großen Topf erhitzen, die grob geschnittenen Zwiebeln darin anschwitzen. Nach und nach die Fleischstücke dazu geben und scharf anbraten.
- Die Knoblauchzehen häuten und im Ganzen dazu geben. Mit dem Wasser aufgießen, zwischendurch natürlich immer wieder umrühren, Deckel aufsetzen und bei mittlerer Hitze circa 40-50 Minuten köcheln lassen, bis das Fleisch schön zart und die Flüssigkeit etwas reduziert ist.
- Die fein gehackten Dosen-Tomaten, das Tomatenpüree und die Gewürze dazu geben – darauf achten, nicht zu scharf zu würzen. Nochmals etwas einkochen lassen und dann erst die Okraschoten dazu geben. Die vorgekochten Schoten werden samt der kompletten, schleimig-anmutenden Flüssigkeit aus dem Glas, sie bindet die Sauce zusätzlich, vorsichtig untergerührt. Das Bamia sollte noch kurze Zeit sanft mitkochen, aber nicht zu sehr, da sonst die Schoten zerkochen.
- Abschließend wird nochmals abgeschmeckt und nachgewürzt. Tomaten und Bamia neigen dazu Gewürze und Salz wegzuziehen. Das Gericht benötigt eine gewisse Säure um den richtigen Geschmack zu entfalten, deswegen sollte man – falls die Säure der Tomaten und des der eingelegten Okraschoten nicht ausreicht – mit etwas Zitronensäure nachhelfen.
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Ich wohne ja seit meinem Umzug weder in der Nähe asiatischer noch in Reichweite türkisch/iranischer Läden (was ich sehr vermisse), werde das aber in ein paar Wochen mit Extrameilen in der Stadt hoffentlich ausgleichen… Okra habe ich ewig nicht gegessen, würde mir auch mal wieder gefallen. Mein ehemaliger Türke hatte sowas meist frisch, manchmal in Dosen, aber auch bei den Asialäden waren gefrorene Ladyfingers gar nicht selten,das überrascht mich etwas. Dass es im Einzugsbereich von Kreuzberg aber keine Türken mehr gibt wundert mich dann doch etwas.
Mir fehlt ja vor allem das frisch durchgedrehte Lammhack und die exzellenten Chicken Wings meines Ex-Schlachters, muss doch mal einen Beschaffungsausritt in den alten Kiez machen 🙂
Okra im (Fleisch-)Eintopf ist eher nicht so mein Ding. Die Südstaatenfassung (in Maismehlhülle frittiert) oder ein Bhindi Masala dagegen… hmmm.. ich könnte das mal als Anlass nehmen 😀
@Foodfreak – Auch wenn der Stadtteil inzwischen dank zusammengelegter Verwaltung „Friedrichshain-Kreuzberg“ heißt, bedeutet das nicht, dass ich nen Supermarkt mit orientalischen Produkten um die Ecke habe. (Oder dass Kreuzberg zu Fuß nur 10 Minuten weg ist. Berlin ist da doch etwas größer.) 🙂 Ich fahre eben ungerne mit U- und S-Bahn erstmal durch die Stadt und puckel dann den Kram wieder heim.
Hier in der Gegend gibt es halt sehr viele Asialäden, es wirkt fast, als wäre die Stadt da regelrecht unterteilt. Frische Okraschoten habe ich da auch schon gesichtet, die sahen in ihren Minipäckchen aber a) immer ziemlich angeranzt aus und waren b) auch ziemlich teuer.
Für mich bitte einmal mit allem….besonders mit diesem Reis 🙂
Das mit der Beschaffung kenne ich. Okra geht…da gibt es noch weiter Richtung Stadtrand einen griechischen Großhandel, der hat die zumindest TK-Ware. Aber Lammfleisch in guter Qualität, dafür muss man weit fahren…….Obwohl es irgendwo in dieser Stadt alles gibt…..mit Betonung auf „irgendwo“
@Susanne – Den Reis mache ich immer aus dem Lameng. Jegliche Versuche, den unter kontrollierten Bedingen zu kochen, führten immer dazu, dass irgendwas schief ging. Gna, gna, gna… manche Gerichte wollen einfach nicht aufs Blog. 😉